BISOG UND BEGSPO BIETEN SPORT UND GESUNDHEIT FÜR BERLINER

Günter Müller, ehemaliger Leistungssportler und Journalist sowie Verena Kupilas, Sportwissenschaftlerin, über sportliche Aktivitäten auf den öffentlichen Flächen in Berlin
Zapf Umzüge
Man sieht sie in Berlin immer häufiger: kleinere und größere Gruppen von Menschen, die sich in Parks und auf öffentlichen Plätzen zwanglos treffen, um gemeinsam Sport zu machen. Mehr als die Hälfte des Berliner Sportbetriebs findet nämlich inzwischen auf Frei- und Verkehrsflächen statt (laut „Sportstudie Berlin“ im Auftrag der Senatsverwaltung für Inneres und Sport). Was es damit auf sich hat, wie man mitmachen kann und was das für die Entwicklung Berlins bedeutet, erklären Günter Müller von der Berliner Gesellschaft für Gesundheit durch Sport (BEGSpo gUG) und Verena Kupilas vom Berliner Institut für settingorientierte Gesundheitsförderung (BISOG). Beide sind Sprecher vom Berliner „Netzwerk Urbaner Sport“.
Sport im Park: In Berlin gibt es eine riesige Auswahl.
Sport im Park: In Berlin gibt es eine riesige Auswahl.
Herr Müller, beschreiben Sie bitte das „Netzwerk Urbaner Sport“.
Müller Wir sind ein loser Zusammenschluss von Akteuren für Sport- und Bewegungsangebote im öffentlichen Raum. In den meisten Fällen sind wir gemeinnützig und nicht gewinnorientiert organisiert. Bisher verzeichnen wir als Mitglieder 13 Organisationen. Ziel ist es, politisch wahrgenommen zu werden. Wir verstehen uns nicht als Kontrahent des organsierten Sports, sondern als eine zweite Säule, die durch die Entwicklung in einer modernen Stadtgesellschaft entstanden ist. Unser Ziel ist es, langfristig niedrigschwellige, kostenlose und unverbindliche Sport- und Bewegungsangebote durchzuführen. In Sporthallen und auf Sportplätzen wird man uns kaum finden, sondern in Parks und auf sonstigen freien Flächen. Durch die Sichtbarkeit und Offenheit erreichen wir Menschen in der direkten Nachbarschaft, darunter Menschen mit geringem Einkommen und Ausgrenzungserfahrungen. Viele haben aus sozialen oder kulturellen Gründen keinen Zugang zum organisierten Sport.

Was ist denn ein solches beispielhafte Angebot?
Müller In vielen deutschen Städten sind die Initiativen „Sport im Park“ mit unterschiedlichsten Modellen entstanden. In Berlin gibt seit drei Jahren „Sport im Park“. Nun gibt es keine Ausreden mehr, jeder hat ohne Hürde einen attraktiven Zugang zu Sport unter fachlicher Anleitung. Erstmals hat der TSV Wittenau „Sport im Park“ in Reinickendorf durchgeführt, seit zwei Jahren hat die Senatsverwaltung für Inneres und Sport die Idee aufgegriffen. Seit Ende Mai können sich die Berliner und Berlinerinnen in mehr als 30 Grünanlagen unter fachlicher Anleitung austoben. Daneben gibt es noch ein zweites, kleines inklusives Projekt für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, das den Blick der Berliner auch auf die Special Olympics 2023 lenken soll.
                
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„Überall Bewegungsräume schaffen“
Verena Kupilas
ist Mitbegründerin des BISOG, Berliner Institut für settingorientierte Gesundheitsförderung; Diplom-Sportwissenschaftlerin.
Kupilas Aber auch im Rahmen anderer Projekte sind niedrigschwellige Bewegungsangebote im öffentlichen Raum entstanden, wie etwa in Mitte oder Schöneberg: www.bewegung-draussen. de. Die Zielgruppe sind hier explizit Menschen, die sich noch gar nicht bewegen. Diese erreicht man nur, wenn man direkt zu ihnen hingeht und in Kooperation mit lokalen Einrichtungen wie Stadtteil-, Familien- und Seniorenzentren. Manchmal können die Angebote dann auch in diesen Einrichtungen „überwintern“ – und in den Monaten, in denen die Witterung es nicht zulässt, drinnen stattfinden.

Welche Ideen haben Sie, wenn Sie an diese Bewegung denken?
Müller Ich persönlich sehe noch ganz viel Luft nach oben. In einer ruhigen Minute sehe ich ganz viele Menschen auf der Freifläche vor dem Reichstag, im Tiergarten, im Volkspark Friedrichshain oder im Lustgarten gemeinsam miteinander bei Yoga oder Gymnastik, Gruppen von Menschen an Berlins attraktivsten Plätzen. Bilder, die Berlin von der sportlichsten Seite zeigen und als Stadtrendite um die Welt gehen können, ähnlich den Aufnahmen von chinesischen Menschen, die gemeinsam Tai Chi betreiben. Diese Säule kann neben den beiden anderen, bisher schon vorhandenen Säulen neu entstehen. Am besten schließen sich die Interessenten wie Senatsverwaltung, Landessportbund und andere Akteure unter einem Dach zusammen, um der bisherigen Basis mit mehr Power noch mehr Schwung zu verleihen.
                  
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„Jetzt gibt es keine Ausreden mehr.“
Günter Müller
ist Mitgründer der BEGSpo, Berliner Gesellschaft für Gesundheit durch Sport; ehemaliger Leistungssportler und Journalist.
Kupilas Um alle Berlinerinnen und Berliner – und nicht nur die ohnehin schon bewegungsbegeisterten – zu erreichen, müssen möglichst überall Bewegungsräume geschaffen oder gestaltet werden. Seniorinnen und Senioren oder mobilitätseingeschränkte Menschen sollten für ihren Parksport nicht erst quer durch die Stadt reisen müssen. Sport muss in der Nachbarschaft möglich sein. Dafür reicht eine saubere ebene Fläche, sei es Wiese oder fester Boden. Dazu Bänke, um mitgebrachte Taschen abzustellen oder als Sitzgelegenheit für eine Verschnaufpause. Zugängliche Toiletten in der Nähe sind wichtig, sonst „trauen“ sich manche älteren Leute auch nicht für längere Zeit aus dem Haus.

Berlin wächst sehr schnell und dynamisch. Was bedeutet das für das Netzwerk?
Müller Berlin ist eine junge Stadt, die sich rasant entwickelt. Das gilt auch für den Sport mit ganz neuen Ideen wie Schwitzen im Park, der Laufbewegung und – nicht zu vergessen – dem Radfahren, die sich erstmals auf dem Kongress „Urban Sports & Health“ gezeigt haben. Die Interessen dieser Bewegungen gilt es vor allem bei der kommunalen Stadtentwicklung mit vielen neuen Wohngebieten nicht zu vergessen. Der Landessportbund sorgt für die Stimme des organsierten Sports. Wir sind meist unorganisiert und haben keine Lobby, sollten aber ein Bestandteil bei solchen Planungsprozessen sein, damit wir nicht hinterher feststellen: Es wurde am Bedarf vorbeigeplant. Für eine gesunde Gesellschaft und viel Lebensqualität sind Sport und Bewegung unerlässlich.
Mehr Infos

BISOG Berliner Institut für settingorientierte Gesundheitsförderung, Höhndorfstraße 16,
12101 Berlin, Tel. 030 76 76 58 31,
kontakt@bisog.de
BEGSpo Berliner Gesellschaft für Gesundheit
durch Sport, Sybelstraße 41, 10629 Berlin,
Tel. 030 31 01 76 81,
info@begspo.de
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